Dass sich Pharmaunternehmen, Krankenkassen oder Fachverbände uneinig darüber sind, wie viel Zusatznutzen ein bestimmtes Medikament hat, ist nicht allzu überraschend. Dass das selbe aber auch für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gilt, schon eher: Seit 2011 führen diese beiden Behörden die Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln durch – und zwar auf Basis derselben Dossiers und derselben Gesetzesgrundlage. Trotzdem wich der G-BA in 68 von 176 Verfahren (39 %) bezüglich der besten Patientengruppe von der Einschätzung des IQWiG ab (2011 - 2016).
o bekundete das IQWiG in 17 Verfahren (9 %) für mindestens eine Patientengruppe einen „erheblichen“ Zusatznutzen – der G-BA jedoch nur in zwei Fällen (2 %). Ähnlich uneinig waren sich die Behörden im Bereich Zusatznutzen „nicht belegt“: Hier sah das IQWiG in fast 60 Prozent der Verfahren bei keiner Patientengruppe einen Zusatznutzen. Der G-BA hingegen urteilte bei weniger als der Hälfte (47 %) so. „Damit zeigen die G-BA-Ergebnisse gegenüber denen des IQWiG tendenziell eine stärkere Häufung im mittleren Bereich der […] Zusatznutzenskala“, heißt es im Arzneimittel-Atlas (2017), den das IGES-Institut jährlich im Auftrag des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) erstellt.
Zwei Behörden, ein Untersuchungsgegenstand, zwei unterschiedliche Ergebnisse. Die Bewertung des Zusatznutzens eines Arzneimittels ist unabhängig von der Datenlage eben immer auch ein Werturteil. Sie beinhaltet ein Abwägen – zwischen der Schwere einer Erkrankung, dem Nutzen und den Nebenwirkungen eines Medikamentes sowie vielen weiteren Faktoren. Hierin liegt eine große Verantwortung: Eine falsche Entscheidung könnte dazu führen, dass wichtige Therapien nicht zum Patienten gelangen. Am Ende aber gilt: Der G-BA hat das letzte Wort.
Quelle: Pharma Fakten - Newsletter: 12.01.2018