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Int. Pigment Cell Conference 2011

Vom 20.-24. September 2011 hat in Bordeaux im Palais des Congrès die XXI. International Pigment Cell Conference (IPCC) stattgefunden. Die Konferenz wurde von mehr als 500 Pigmentzellforschern und Klinikern aus aller Welt besucht, wobei auch die Vitiligo traditionell einen großen Schwerpunkt bildete. Flankiert wurden die Vorträge und Poster zum Thema Vitiligo von zwei Arbeitssitzungen der Vitiligo Global Issues Consensus Conference am ersten und letzten Tag des Kongresses. Die Teilnehmer dieser Arbeitssitzungen bestanden aus Vitiligoexperten der ganzen Welt unter Leitung von Alain Taieb, Bordeaux, und widmeten sich der Erstellung eines Vitiligo-Consensus-Berichtes. In dem Bericht wurden u. a. Vorschläge zur Vereinheitlichung der klinischen Subtypen von Vitiligo, der Messung von Krankheitsaktivität und -ausbreitung zusammengetragen, damit klinische Studien in Zukunft besser vergleichbar sind.

Highlights

Im Folgenden sollen einige bedeutsame Highlights aus dem großen Fundus von Gast- und Kurzvorträge über Vitiligo auf der IPCC 2011 dargestellt werden.
Großes Interesse fand die Seiji Memorial Lecture von R. Spritz, Denver, über „30 Jahre Vitiligo-Genetik“. In seinem Vortrag wurden bisherige und zukünftige Strategien zur Erforschung der komplexen Pathogenese der Vitiligo, d. h. der nicht-segmentalen Vitiligo (Vitiligo vulgaris), als multifaktorielle polygenetische Erkrankung hervorgehoben. Aktuelle Strategien wie genomweite Assoziationsstudien (GWAS) konnten bei der der nicht-segmentalen Vitiligo bislang drei Empfänglichkeitsgene (HLA-A.02, NALP1 und Tyrosinase) identifizieren, die den Melanozyten bei den betroffenen Patienten quasi empfänglich für eine Immunattacke machen. Es wird sehr interessant sein, ob zukünftige Strategien zur Erforschung der Genetik von Vitiligo, wie z. B. das Whole Genome Sequencing, diese Befunde unterstützen. Bis dato unterstreichen die genetischen Studien von R. Spritz zumindest die Autoimmunpathogenese der nicht-segmentalen Vitiligo.

M. Picardo, Rom, gab einen Übersichtsvortrag über Stress-Signalwege innerhalb von Pigmentzellen, die bei Patienten mit Vitiligo gestört sind. Hierbei konnte auch ein wichtiger Transkriptionsfaktor, Peroxisome Proliferator-Activated Receptor-?, (PPAR-?), identifiziert werden, der sowohl die Pigmentierung als auch die Stressabwehr von Zellen gegenüber Wasserstoffperoxid (dies ist in der Haut von Patienten mit Vitiligo exzessiv erhöht!) orchestriert. Vorgestellt wurde diesbezüglich ein neuer Wirkstoff genannt Octa, ein aus Papageienfedern isoliertes Psittafulvinderivat, das in Melanozyten die Melaninsynthese und Expression von Katalase (Wasserstoffperoxid abbauend) erhöht und somit bei der Behandlung von Vitiligopatienten vielleicht in Zukunft Anwendung finden könnte.

Von L. Marrot, Aulnay sous Bois, wurde daraufhin die wichtige Rolle von Nrf2, eines Transkriptionsfaktors, der antioxidative Schutzenzyme reguliert, im Kontext der Vitiligo hervorgehoben. Interessanterweise zeigen Pigmentzellen von Vitiligopatienten Störungen in der Regulierung dieses Faktors und seiner nachgeschalteten Enzyme wie B. Bellei, Rom, in ihrem Vortrag betonte. Während das Pigmenthormon alpha-Melanozyten-stimulierendes Hormon in normalen Zellen nach oxidativem Stress diesen Faktor anschaltet (Kokot et al., 2009), ist diese biologische Antwort bei Pigmentzellen von Vitiligopatienten offenbar abgeschwächt.

Im Gastvortrag von M. Böhm, Münster, wurden vielversprechende Daten zu KdPT, einem Minipeptid, das sich vom alpha-Melanozyten-stimulierenden Hormon ableitet, nicht aber über dessen Rezeptor wirkt (Mastrofrancesco et al. 2010), präsentiert. Bisherige Untersuchungen zeigten ein großes antientzündliches Potenzial dieses kleinen Moleküls nicht nur in vitro sondern bereits im Tiermodell bei bestimmten Entzündungsmodellen (Bettenworth et al., 2011). Mit Unterstützung des Deutschen Vitiligo-Vereins e.V. wurden hier weiterführende Untersuchungen zur oxidativen Stress-Abwehr dieses Peptids in Pigmentzellen gemacht. Interessanterweise unterdrückt KdPT dosisabhängig den programmierten Zelltod (Apoptose) von Melanozyten gegenüber pro-oxidativen Substanzen wie 4-tertiäres Butylphenol. Dieses Phenolderivat dient als Modellsubstanz für experimentelle Vitiligostudien, wobei bekanntlich Abkömmlinge dieser Substanz auch bei der chemisch induzierten Vitiligo eine ursächliche Rolle spielen. Ähnlich wie alpha-Melanozyten-stimulierendes Hormon bewirkt KdPT eine Induktion der oben genannten Schutzfaktoren und -enzyme (u. a. Nrf2 und HO-1). Es wird sehr interessant sein, den molekularen Wirkmechanismus dieses Peptids weiter zu spezifizieren und das klinische Potenzial dieser Substanz als Immunmodulator und indirektes Antioxidans bei der Vitiligo zu testen.

Verschiedene Kurzvorträge stellten desweiteren innovative Vitiligo-Mausmodelle zur möglichen Testung von Immunmodulatoren vor.
Während J. Klarquist, Maywood, ein transgenes Mausmodell der Vitiligo mit spontan sich entwickelnder progressiver epidermaler Depigmentierung vorstellte, berichtete J. E. Harris, Worcester, über ein Vitiligo-Modell, in dem es zu epidermaler Depigmentierung ähnlich der Vitiligo nach adoptivem Transfer von CD8-Zellen kommt. Hierbei spielt ?-Interferon eine zentrale Rolle, sodass zukünftige Strategien zur Neutralisation dieses Zytokins bzw. seiner Signalwege eine neue Therapieoption bei der Vitiligo darstellen könnten.
A. Ramaiah, Hyderabad, stellte einen anderen Therapieansatz der Vitiligo mittels eines Peptidfragments abgeleitet von basischem Fibroblasten-Wachstumsfaktor (bFGF) vor. In einer randomisierten, doppelblinden indischen Studie wurden Patienten mit therapierefraktärer nicht-segmentaler Vitiligo mittels UVB-311-Bestrahlung alleine bzw. in Kombination mit dem Peptid topisch behandelt. Das Peptid wirkte synergistisch laut Angaben der Autoren.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bFGF ein initialer Wachstumsfaktor des malignen Melanoms (“schwarzer Hautkrebs“) ist und weitere Studien die Langzeitsicherheit dieses Therapieansatzes in Zusammenhang mit der UV-Therapie zeigen müssen.
Kommt Hautkrebs bei Vitiligo häufiger als bei Kontrollpersonen im gleichen Alter vor? Dieser Fragestellung sind H. E. Teulings, Amsterdam, anhand einer großen Kohorte von 1.200 Vitiligopatienten und 800 Kontrollpersonen mit einem Lebensalter von mindestens 50 Jahren aus den Niederlanden nachgegangen. Die epidemiologische Studie zeigte, dass sowohl die Häufigkeit des malignen Melanoms als auch die des weißen Hautkrebses (Spinaliom, Basaliom) bei Vitiligopatienten geringer war. Die Ursache hierfür könnte entweder an einem konsequenteren UV-Schutz der Vitiligopatienten liegen oder aber an einer kompensatorischen Hochregulierung intrinsischer Schutzmechanismen der Haut der Betroffenen - wie von K. Schallreuter kürzlich berichtet - liegen. Weiterführende epidemiologische Untersuchungen auf europäischer Ebene, z. B. im Rahmen der Vitiligo European Task Force (VETF) dürften hier nicht uninteressant sein und sind durch den Autor dieses Artikels in Planung.

Die obige nicht vollständige und, wegen der Aktualität und des drohenden Redaktionsschlusstermins der Vitiligo Information, rasche Zusammenstellung ausgewählter Highlights der diesjährigen IPPC 2011 verdeutlicht, dass sich einiges in der Vitiligoforschung bewegt. Man darf davon ausgehen, dass in absehbarer Zeit neue klinische Studien bei Patienten mit Vitiligo initiiert werden.

Prof. Dr. med. Markus Böhm
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie
Universitätsklinikum Münster

Literatur
Bettenworth, D., Buyse, M., Böhm, M., Mennigen, M., Bruewer, M., Kannengiesser, K., Brzoska, T., Luger, T.A., Kucharzik, T., Domschke, W., Maaser, C. and Lügering, A. The tripeptide KdPT protects from intestinal inflammation and maintains intestinal barrier function. Am. J. Pathol. 2011, 179: 1230-1242.
Kokot, A., Metze, D., Mouchet, N., Galibert, M.-D., Luger, T.A. and Böhm, M. ?-MSH counteracts the suppressive effect of UVB on Nrf2 and Nrf-dependent gene expression in human skin. Endocrinology 2009, 150: 3197-3206.
Mastrofrancesco, A., Kokot, A., Eberle, A., Gibbons, N.C.J, Schallreuter, K.U., Strozyk, E., Zouboulis, Ch.C., Picardo, M., Luger, T.A. and Böhm, M. KdPT, a tripeptide derivative of ?-MSH, is a suppressor of proinflammatory cytokine expression and signaling in human sebocytes. J. Immunol. 2010; 85: 1903-1911.


Autor: Prof. Dr. Markus Böhm, Münster

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